Warum Bernd Blisch (CDU) erneut als Flörsheimer Bürgermeister kandidiert und was er sich vorgenommen hat
FLÖRSHEIM. Bernd Blisch ist Bürgermeister von Flörsheim und will sein Amt am 9. Juni gegen drei Herausforderer verteidigen. Vor sechs Jahren wurde der CDU-Politiker von einem Bündnis aus vier Parteien unterstützt und im ersten Wahlgang gewählt. Davon übrig geblieben ist nur noch die Koalition aus CDU und Galf.
Mit was waren Sie als frisch gewählter Bürgermeister konfrontiert, mit dem Sie am wenigsten gerechnet hätten?
Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass die Kommunikation zwischen den Dezernaten des Bürgermeisters und des Ersten Stadtrates sehr eingeschränkt war. Erstaunlich war auch, wie viele Türen man erst wieder öffnen musste, die zugeschlagen worden waren.
Was waren denn die größten Enttäuschungen Ihrer ersten Amtszeit?
Enttäuschungen in dem Sinn kenne ich nicht. Corona hat allerdings Fragen aufgeworfen, wie Stadtgesellschaft künftig aussehen wird und ob es überhaupt noch eine Zeit nach Corona geben wird. Der erste Corona-Tote in Flörsheim, einer der ersten in Deutschland, hatte Diskussionen zur Folge, in denen die Markierung der Wohnung und die Veröffentlichung eines Fotos und des Namens des Mannes gefordert wurden. Da dachte ich: Was erwartet uns da? Als sich der hessische Finanzminister kurze Zeit später umbrachte, drängte sich diese Frage noch stärker auf.
Was sind Ihre Beweggründe für eine erneute Kandidatur?
Es macht mir immer noch Spaß, es ist toll, die Stadt nach außen und nach innen zu vertreten, und ich habe nicht das Gefühl, dass die Bürger das anders sehen.
Welche Schulnote geben Sie sich für Ihre Arbeit als Bürgermeister?
Da warten wir die Wahl ab, das machen die Wählerinnen und Wähler, die geben die Note.
Was verbuchen Sie denn als die größten Erfolge Ihrer Amtszeit?
Dass die Finanzen in Ordnung sind und die Haushalte rechtzeitig und nicht erst im Sommer oder Herbst genehmigt wurden, dass wir die Hessenkasse vorzeitig zurückgezahlt haben, dass das Krankenhaus in einen Gesundheitscampus umgewandelt werden konnte und die Gesundheitsvorsorge für die nächsten Jahre gut aufgestellt wurde. Es war mir wichtig, die Straßenbeiträge abzuschaffen und die Terra wieder handlungsfähig zu machen und Wohnungsbau zu realisieren. Der Flachbau des Herrenbergs ist von der Terra gekauft worden, bis 2025 sind die aktuellen Mieter draußen, das ist auch gut gelaufen.
In Ihrem Wahlprogramm vor sechs Jahren versprachen Sie ein umfassendes Mobilitätskonzept, Verwaltungsleistungen in den Stadtteilen, eine gemeinsame Friedhofsverwaltung mit Hattersheim und Hochheim, Flächen für die digitale Gründerszene und die Verbesserung der Verkehrssituation an den Schulwegen Pérols-Kreisel und Werner-von-Siemens-Straße. Was ist daraus geworden?
Der Main-Taunus-Verkehrsverbund entwickelt gerade einen neuen Mobilitätsplan. Corona war ein riesiger Einschnitt in dem Bereich. Die Umstellung auf E-Mobilität macht den Busverkehr teurer. Aktuell ist es so, dass wir froh sein können, wenn wir das bestehende Angebot halten können. Beim Thema digitale Verwaltungsleistungen holt uns die Digitalisierung ein. Das Ziel heute ist nicht mehr der Bürgerkoffer in der Verwaltungsaußenstelle, sondern die Möglichkeit, Dinge gleich online von zu Hause erledigen zu können. Eine gemeinsame Friedhofsverwaltung kann ich mir immer noch vorstellen, da sind wir aber noch nicht so weit. Zum Thema Gründerzentrum gibt es so gut wie keine Anfragen. Von Weilbach aus hat sich die Situation für Radfahrer, auch Schulkinder, durch neue Markierungen verbessert. Ein Thema wäre es auch, an den Eltern zu arbeiten, Kinder weniger oft mit dem Auto zur Schule zu fahren.
Was haben Sie sich für eine mögliche zweite Amtszeit vorgenommen?
Weiter dranbleiben bei der Umgehungsstraße, die Konzepte für die Bahnhof-Nordseite überarbeiten, das neue Gerätehaus in Wicker bauen, das geplante Wohnquartier in Wicker hinter der Goldbornhalle, ebenso das Krimling-Gebiet in Weilbach und das Gewerbegebiet West V2 zu entwickeln.
Wird die erhöhte Kreisumlage einen Nachtragshaushalt nötig machen?
Nein, ich denke, das kriegen wir hin, es gibt genügend Spielraum beim Haushalt. In den vergangenen Jahren haben wir nicht ein einziges Mal die komplette Möglichkeit ausgeschöpft, die uns der Haushalt an Kreditrahmen gab.
Werden die projektierten 5,5 Millionen Euro für die Neugestaltung des Mainufers reichen?
Wir sind sehr gut im Finanzrahmen. Für den ersten Bauabschnitt sind wir sehr deutlich unter den Zahlen, die wir geschätzt haben.
Wie lange wird die Stadt noch ohne Steuererhöhungen auskommen?
Im Augenblick sehe ich da, auch angesichts der Rücklagen, keine Notwendigkeit für die nächsten Jahre. Eine gewisse Unbekannte ist noch die Grundsteuerreform, die ja aufkommensneutral sein soll. Es wäre aber gut, wenn sich Bund und Land beim Thema Geflüchtete finanziell noch mehr beteiligen würden.
Wird es eine Stichwahl geben, und wer wird dann noch dabei sein?
Ich arbeite noch daran, dass es für mich im ersten Wahlgang klappt. Die Termine zu meinen Kaffeebesuchen, zu denen ich Kuchen mitbringe, waren schnell ausgebucht. Dazu gibt es einige offene Abendtermine und die normalen Wahlstände. Ich will den Kontakt mit den Bürgern aktiv betreiben.
In Frankfurt gibt es Kultur auf Champions-League-Niveau, jetzt kommt Flörsheim mit einer Kreisklasse-Biennale in Zusammenarbeit mit Offenbach. Wieso ist das nötig?
Ich würde zurückfragen: Wenn man nicht mindestens zwei van Gogh und drei Monet hängen hat, darf man dann überhaupt etwas zeigen? Die Künstler der Region brauchen einen Ausstellungsraum – und die Besucher brauchen das auch. Wir haben ja auch den Flörsheimer Keller und die Galluskonzerte, obwohl es Kabarett und Konzerte auch in Frankfurt, Mainz und Wiesbaden gibt. Die Mischung, die wir in Flörsheim haben, finde ich gut. Der Kulturfonds Frankfurt, der die Biennale unterstützt, will die Ausstrahlung in die Region und die interkommunale Zusammenarbeit. Mit dem Stadtmuseum Offenbach haben wir ein gutes Haus als Kooperationspartner gefunden. Der Main als verbindende Klammer ist Flörsheim ja auch nicht fremd.
Wie beschreiben Sie Ihren Führungsstil als Verwaltungschef?
Ich würde sagen, es bewegt sich zwischen kooperativ, also der gemeinsamen Entwicklung von Dingen mit den Mitarbeitern, und Laissez-faire in dem Sinn, dass man ein Ziel vorgibt und die Menschen dann voller Vertrauen arbeiten lässt. Es gibt vielleicht Leute, die hätten es lieber, dass man mal auf den Tisch haut, aber das ist bei mir nicht so.
Können Sie eine erneute Kandidatur 2030 schon heute ausschließen?
Das kann ich mit Sicherheit ausschließen. 2030 bin ich 68 Jahre alt, das ist eine Zeit, da hört man mit dem Beruf auf.
Das Interview führte Jens Etzelsberger.
ZUR PERSON
Bernd Blisch (61, CDU) ist promovierter Historiker und am 27. Mai 2018 im ersten Wahlgang zum Bürgermeister von Flörsheim und Nachfolger von Michael Antenbrink (SPD) gewählt worden. (red)